Im Fitness-Studio (Spanien 2017)




Tja, da sind wir doch bereits über eine Woche hier an der schönen spätsommerlichen Costa Blanca. Schon eine ganze Woche nichts als „Savoir Vivre“, "Chill-Chill" und so. Da meldete sich bei mir nach einer Weile doch schließlich und unvemeidlich mein stets omnipräsentes Trimm-Dich-Gewissen!

Das ist bekanntlich immer mit uns allen seit dem Vorlauf zu den Sommerspielen anno ´72:  "Trimm Dich", vertrimm Dich, mach Purzelbäume oder wie auch immer… Beweg‘ Dich jedenfalls, so oder so! Denn nur durch Bewegung hältst du schließlich sämtliche bekannten Zivilisationskrankheiten wie Herzinsuffizienz und gerne auch den bösen Infarkt, Schlaganfälle und natürlich auch, man glaubt es kaum, sogar den Krebs auf Distanz! Ja, sogar bei Alzheimer, einer Krankheit über die man praktisch nichts weiß und nichtsdestoweniger doch von vermeintlich potenter Seite seitenlang referieren kann, auch da hört man doch immerhin, dass offenbar Bewegungsmangel auch hier ein gar fürchterlicher Risikofaktor sein kann!

Letzteres war mir persönlich, ehrlich gesagt, zwar immer etwas unverständlich, weil die Zeitungen doch voll sind von Berichten über Leute, die sich ständig bewegen, so etwa wie: Raus aus dem Pflegeheim, raus aus der Anstalt etc. Gut, die wissen dann anschließend nicht mehr, wo sie sind, geschweige denn, wie sie zurückkommen sollen! Aber sich immer und immer wieder bewegt, das haben sie dann doch wohl, oder?

Wie auch immer, mir war natürlich nach allem, was ich weiß, also nur allzu klar, dass, wenn ich nicht riskieren will, den hiesigen Aldi demnächst nicht mehr finden zu können, ich baldigst regelmäßige und schweißtreibende Übungen in einem Studio aufnehmen muss! Auf dass mein ganz persönliches Motto von zu Hause „Ohne Fleiß kein Greis“ auch hier im sonnigen Süden nicht unter die Räder komme!

Internet sei Dank wurde ich bald fündig. Zum einen gab es ein Ächz- und Stöhn-Studio irgendwo in einem Nachbarort, das sich vor allem durch gleichzeitige Bewerbung von Steroiden jeglicher Art auszeichnet und zudem gleich mehrere Sportarten anbietet, die andernorts eher unter schwere Körperverletzung fallen würden. Zum anderen gab es eben glücklicherweise ein Studio in einem anscheinend kleinen, aber feinen, nur etwa 20-stöckigen winzigen Hotelchen in unmittelbarer Nähe eines ebenfalls kleinen, aber feinen, landesüblich aber hundefeindlichen Badestrands.

Ich beschloss also, in diesem Etablissement gleich mal vorbeizuschauen. Nachdem ich einen gebührenfreien Parkplatz (dazu ein andermal) auf der Hotelrückseite ergattern konnte, versuchte ich, von dieser Seite aus in das Hotel einzudringen. Schwierig! Nur ein Tiefgarageneingang war zu sehen. Naja dachte ich, von der Tiefgarage aus gibt es bestimmt einen Prominentenaufzug in die Lobby und dann sehen wir weiter!

Ich bin dann halt mal fröhlich in die Tiefgarage gelaufen, wo mir gleich ein Typ mit kleiner Kochmütze und heftigst einen Glimmstengel inhalierend entgegengekam und siehe da, nach einem freundlich ausgetauschten „Hola“ konnte ich mich verblüffender Weise völlig ungehindert weiterbewegen. Nach einer Tiefgarage sah es dann nach dem allmählichen Schwinden des Tageslichts leider zwar nicht mehr aus, dafür eher nach so etwas, wie einem Lieferanteneingang.

Zum Glück entdeckte ich dann gleich das verheißungsvolle Schild „Salida – Ausgang“ und bewegte mich sofort schwungvoll hindurch. „Eingang“ wäre allerdings etwas passender gewesen, denn ich befand mich gleich darauf in einem Wellblech- und Gerümpelbereich, der offensichtlich zur Lagerung diverser Pakete und Plastikflaschen diente. Unbeeindruckt stürmte ich weiter und kam zu einem Aufzug. Bestens, dachte ich, hier geht’s sicher hinauf zur Lobby! Im Aufzug dann diverse Stockwerkbezeichnungen wie „-1“ „0“ oder auch „cerrado – gesperrt“. Ich drückte mal irgendwas - den Mutigen gehört schließlich die Welt - und siehe da, der Aufzug machte immerhin schon mal ein paar, wenn auch zugegebenermaßen nicht eben vertrauenerweckende Geräusche. Nach einiger Zeit der Ungewissheit öffnete sich aber erfreulicherweise dieTür wieder und Tadah!, ich war in einem Treppenhaus angelangt. Genau dafür sind Aufzüge ja gemacht!

Na prima, dann laufen wir eben den Rest, dachte ich und schwupps landete ich vor einer weiteren Tür. Was mich dabei etwas stutzig machte: Das Treppenhaus ging von diesem Punkt ab gar mehr nicht weiter! Schicksal, dachte ich, und öffnete wild entschlossen die einzig mögliche Tür und stand prompt mitten in einer Büroebene! Das war zum einen sofort erkennbar am intensiven Kaffeegeruch und zum anderen an diversen locker herumhängenden Büromenschen, die sich aber sonst von meinem Auftauchen völlig unbeeindruckt zeigten. Die Atmosphäre hatte irgendwie, so dachte ich bei mir, also durchaus irgendwie etwas ganz Bankenmäßiges an sich!

Ich sprach daraufhin einen zu seinem Pech gleich vorne stehenden bebrillten Kollegen an. Und zwar so ungefähr mit „Perdon, donde esta el studio de Fitness?“ Den ungläubigen Blick, so nach dem Motto „Was der? Der fragt nach einem Fitness-Studio?“ ließ ich mal durchgehen und siehe da, der zunächst scheinbar so untätig Herumstehende entwickelte plötzlich so richtig Tempo und führte mich durch verschiedene Räume und Festsäle und, ehe ich mich’s versah, fand ich mich plötzlich und unverhofft doch tatsächlich und endlich in der Hotel-Lobby wieder! Er zeigte mir danach sogar noch den dortigen Aufzug, erläuterte, dass dieser hierzulande „Ascensor“ genannt wird und sagte: „menos uno! menos uno!“ Also wohl sowas wie „Eins minus“. Zwar war ich nun der Meinung, dass ich eher eine glatte Eins verdient hätte für meine erfolgreiche Expedition, aber ich war erst mal dankbar dafür, dass ich eine Spur hatte.

Der Ascensor kam dann allerdings trotz heftigen Knopfdrückens nicht bei und deswegen lief ich einfach mal eine weitere Treppe hinunter, von der ich annahm, dass sie ebenfalls nach „menos uno“ führte. Eine stöckelnde Schnepfe, die ich auf dabei überholte, bedeutete mir auf meine Frage "Studio de Fitness?" erstens durch heftiges Gestikulieren, dass ich wohl so weit auf dem richtigen Wege war und zweitens sagte sie: "ah, el gimnasio!" Nein, erklärte ich ihr, "im Gymnasium, da war ich schon und davon hatte ich die Nase ziemlich voll!" Nachdem sie mich darauf hin mit großen Augen anstarrte, ergänzte ich erläuternd: "Gymnasium? I was in the gymnasium many years ago but then I had my nose full". Nachdem sie mir auf das hin wiederum ein Tempotaschentuch angeboten und ich dankend abgelehnt hatte, stürmte ich weiter unbeirrt meinem Ziel entgegen.

Und in der Tat: Ganz unten, nach zwei weiteren Rechtsschwenks erreichte ich meinen Sehnsuchtsort: Das Fitness-Studio! Ich stürmte sofort hinein oder besser, das wollte ich, blieb jedoch an der sich nicht automatisch öffnenden Tür hängen. Ein freundlich grinsender Spanier drückte, nachdem er sich vorher absolut versichert hatte, dass die Glasscheibe der Tür mich völlig ausgestoppt hatte, von innen lässig einen Summer und schwupps stand ich schließlich doch noch in voller Größe im Studio, das heißt, ich hatte es quasi schon zur Hälfte durchquert, denn die Größe des Raums war durchaus überschaubar. Beim zweiten Blick allerdings sah ich dann erfreut, dass alle relevanten Maschinen durchaus vorhanden waren. Da das auch in Bezug auf die Übungsgeräte der Fall war, beschloss ich ohne weiteres Zögern, zu bleiben.

Ich erkundigte mich also, nicht ganz unelegant, beim immer noch freundlich grinsenden spanischen Sportkameraden nach den „condiciones“ und siehe da, gegen das einfache Abdrücken von zwölf Euros war man schon dabei, für siebzig sogar gleich zehn Mal!

Mein Gesprächspartner, der dabei locker aus über zwei Metern Höhe (Unverschämtheit!) auf mich herabsah, stellte sich, immer noch locker, als "Juan" vor und machte mir gleich jede Menge unerbetene Sparvorschläge. Nachdem sprachlich geklärt war, dass ich kein Spanisch, er kein Deutsch und dass wir beide – aus meiner Sicht mal sicherheitshalber - schlecht englisch sprechen, erklärte er mir dann auf englisch, dass es für mich von Vorteil sein könne, ein „Member“ zu werden, weil ich dann, wenn ich länger da wäre, jede Menge Rabatte bekommen könne und auch dann, wenn ich nur kurz da wäre und irgendwann im nächsten Jahr oder im nächsten Jahrhundert wiederkäme, ich immer noch von einsam günstigen monatlichen Member-Preisen von nur noch 40 Euro profitieren könne und überhaupt ... Ich hörte dabei mit kontinuierlich freundlichem Lächeln zu und sagte am Ende „Nix comprende und 12 Euro ok?“. Er sagte erschöpft „ok“ und ich schmiss mich mal an die Geräte.

Soviel erst mal von meinem ersten Trainingstag (oder wie wir Costa Blancer sagen: El primero dia de entrenamiento !!!)

Hasta luego!
Euer Palix Exercitationis

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